© 1980 by Verlag C. J. Bucher GmbH, München u. Luzern ISBN 3 7658 03227
Sankt Georg, heil`ger Reitersmann, Fürspruch der Hengste und Stuten, ich flehe Dich von Herzen an: Hilf auch Du mir zum Guten! Mein Blut stockt mir voll Angst schon klamm, so sei mein Sorgen Dir empfohlen: Der Stute aus dem alten Stamm schenk heut ein bestes Fohlen!
Gebet des Pferdezüchters (Volksmund)
Als Gott das Pferd erschaffen wollte, sprach er zum Südwind: "Verdichte dich, ich will aus dir ein neues Wesen schaffen, zur Ehre meiner Heiligen und zur Erniedrigung meiner Feinde." Der Südwind sprach: "Erschaffe es, o Herr." Da nahm Gott eine Handvoll Südwind, hauchte darüber und schuf das Pferd.
Arabische Legende
Spürt der Mann die frischen Geister, draußen auf dem Feld zu Pferde. Dampfend unter ihm die Erde, fühlt er hier sich Herr und Meister.
JOSEPH VON EICHENDORFF
Das Pferd steht als Tier sehr hoch, doch seine bedeutende, weitreichende Intelligenz wird auf eine wundersame Weise durch gebundene Extremitäten beschränkt. Ein Geschöpf, das bei so bedeutenden, ja großen Eigenschaften sich nur im Treten, Laufen, Rennen zu äußern vermag, ist ein seltsamer Gegenstand für die Betrachtung, ja, man überzeugt sich beinahe, daß es nur zum Organ des Menschen geschaffen sei, um, gesellt zu höherem Sinne und Zwecke, das Kräftigste wie das Anmutigste bis zum Unmöglichsten auszurichten.
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
Das Pferd muß also imstande sein, über Gräben zu springen, über kleine Verschanzungen hinwegzusetzen und Anhöhen zu erklimmen. Auch sollte man es erproben, indem man bergauf, auf abschüssigem Boden und bergab mit ihm reitet. Denn solche Prüfungen zeigen, ob der Geist mutig und der Körper ganz gesund ist. Viele können es vielleicht nicht, nur weil sie darin noch nicht geübt sind, aber nicht deshalb, weil sie keine Kraft dazu hätten. Wenn sie es aber erst einmal gelernt haben und diese Übungen beherrschen, werden sie alles gut machen, sofern sie nur gesund und nicht von schlechtem Charakter sind.
XENOPHON
Sprach der Abt: "So oft ich reite Durch den Wald in Sommertagen, regt sich traumhaft im Gemüte längst entwöhntes Wohlbehagen. Schattenkühle, Tempelstille, kaum ein Wispeln in den Zweigen. Duft`ger Hauch aus Moos und Binsen, alles ist so hold und eigen. Und die Gabelweih' dort oben - Elmar, halt dich straff im Bügel! Deine Stute, fast zu lustig, schäumt und drängt in Zaum und Zügel." Diethelm drauf: "Der Klostergerste hat sie lang und satt gegessen: Still, Gerswinda, wilde Docke! Auch daheim wird gut gemessen. Doch mit Gunst, ihr buchgelehrten frommen Herrn, ich muß erstaunen, seh' ich euch die Hengste tummeln, hier den Fuchs und dort den Braunen!" Darauf Warin: "Im Psalter fingert mancher, der in Jugendtagen durch die Welt auf Rossesrücken Sturmgewand und Schwert getragen."
FRIEDRICH WILHELM WEBER
Warum konnten wir vorhin einige der Reitpferde, die uns begegneten, schön nennen, als eben wegen der Zweckmäßigkeit ihres Baues. Es war nicht bloß das Zierliche, Leichte, Graziöse ihrer Bewegungen, sondern noch etwas mehr, worüber ein guter Reiter und Pferdekenner reden müßte und wovon wir anderen bloß den allgemeinen Eindruck empfinden.
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE
Beschlag, beschlags Rößle, zu Ulm steht ein Schlößle, steht ein Schmiedle nah dabei, Schmiedle, abschlag mirs Rößle gleich, hab ich die Nägele zu tief rein gschlage, Muß ich's wieder raußer grabe.
Aus "Des Knaben Wunderhorn"
Im Stall, da steht ein kleines Pferd; an Franken ists wohl nicht viel wert. Doch viel an Treue und Humor, zigeunerhaft scheint das Gestüte, darin es einst als Fohlen blühte. Hört es meiner Stimme Ton, dann wiehert es von weitem schon. Es stellt die Ohren, bläht die Nüstern und ist auf einen Zucker lüstern. Und klopfe ich den kurzen Hals, steck einen Zucker allenfalls mir zwischen meine Zähne schnell, dann frißt mir dieser Spaßgesell den Zucker rasch von meinem Mund und wedelt, wie ein froher Hund, mit seinem Schweif, so viel er kann, Hab meine helle Freude dran. Piccolo, wärst nicht so klein, du müßtest wohl mein Reitpferd sein!
ALFRED BAUMGARTNER
Durch die weite, breite Steppe ritt ich eines Sommerabends, ritt ich meinen Hengst Abdallah. Weil wir auf dem Heimweg waren, ahnt er doch den nahen Stall. Nichts zu sehen, nichts zu hören: keiner Grille zart Gezirpe, keines Vogels Aufgeschrecktheit, keines Wildes fern Gebelle. Nirgends Häuser, nirgends Menschen, nirgends Wälder, Hügel, Täler, einzig nur der lose Sand. Immer nickte mit der Stirne, daß die schwarze Mähne wellte, immerfort mein Hengst Abdallah, immerfort und immer weiter. In Bewegung immerwährend waren auch die schlanken Ohren, alle beide bald nach vorne, alle beide bald nach rückwärts. Nun das rechte spitz nach vorne und das linke spitz nach rückwärts, nun das linke spitz nach vorne und das rechte spitz nach rückwärts, unaufhörlich. Was, zum Kuckuck, hört denn doch mein Hengst Abdallah? Keiner stört ja unsre Stille, nirgend Szene und Gefahr. Dacht ich mir: was meine Ohren, trotz der grenzenlosen Ruhe, trotzdes Friedens bleibt verloren, das erhorcht mein Hengst Abdallah. Aber was erhorcht mein Hengst? Hört er wilde Reiter nahen, die auf meine Spur gesandt sind? Hört er ihre Säbel rasseln, hört er ihre Sättel knarren, viele, viele Meilen fern? Oder einen müden Wandrer, der am Wüstensaum verschmachtet und zu Gott die letzen Seufzer sterbend in den Himmel schickt? Oder, wo die Steppe endet, sitzen unter Palmenkronen zwei verliebte, sehr verliebte, und er hört die heißen Küsse, und er hört die heißen Schwüre, immer heißern Schwur und Kuß? Hört er ferne Klageklänge? Hört er Hochzeitslieder klingen? Hört er alles, was auf Erden Jubelt, betet, flucht und schluchzt? Hört er gar die Sterne summen, Gottes Engel jubilieren, hört die ganze Weltmusik?
DETLEV VON LILIENCRON
Der Herdengalopp paukt mir scharf in die Ohren, ich fühle den Herbst mit schmerzenden Poren. Am Zaun der Wacholder, wächst dunkel zusammen wann wird ihn ein neuer Sommer entflammen? Oktoberpferde - Bestürzende Schar! Wie Reif hängt der Schweiß schon im Mähnenhaar. Noch seh ich am Bachholz sie wild sich vereinen, bald werden sie nächtens im Traum mir erscheinen. Gespenstisch im Auge den Schimmer des Quarzes: Ein weißes, ein rotes, ein fahles, ein schwarzes!
HEINZ PIONTEK
Es ist den Völkern Germaniens eigen, die Witterung und die Winke der Pferde zu ergründen. Diese werden auf Gemeinkosten in den Hainen und Waldtriften, die ihnen für heilig gelten, unterhalten; sie sind schneeweiß und nicht entweiht durch irgendeine Arbeit im Dienste der Menschen. Sie werden an den Heiligen Wagen gespannt und begleitet vom Priester, vom König oder von den Fürsten des Stammes, die ihr Wiehern und Schnauben beobachten. Und kein Vorzeichen findet größeren Glauben beim Volk und auch bei den Vornehmen und Priestern. Denn diese halten sich selbst für die Diener, die Pferde aber für die Vertrauten der Götter ...
TACITUS
Der Pferde Rudel in der Hügel Grün, der Tage goldnen Staub bläst ab der Nüstern Sprühn. Vom hohen Hügel drauf fällt ab zur blaunden Bucht das schwarze Pech der Mähnen bei der Flucht. Die Köpfe heben sie zur stillen Flut gedrängt, dieweil der Mond sie wie mit Silberzäumen fängt. Den eignen Schatten schnaubt man an erschreckt, bis man den neuen Tag mit Mähnen neu verdeckt. Der Frühling klingt um die Pferdeohren, und tut den Fliegen schön, noch kaum geboren. Doch abends über Wiesen Pferde jagen, sie keilen aus und ihre Ohren schlagen. Der Klang wird laut, an ihren Hufen klebend, in Uferweiden bald, bald in der Luft verschwebend. Und hebt sich kaum die Flut zum Stern hinauf, schwirrn, Asche überm Wasser, Fliegen auf. Die Sonne losch. Still wirds im Tal dabei. Der Hirte spielt ein Lied auf der Schalmei. Die Stirn zu ihm horchen die Pferde jetzt dem Lied, mit dem ihr schopfiger Faun sie letzt. Um ihre Lefzen schwingt das flinke Echo hin, zu Wiesen unbekannt entführt es ihren Sinn. Dein Tagwerk liebend und die dunkle Nacht, hab ich, o Heimatland, dir dieses Lied gemacht.
SERGEJ JESSENIN
Ein froher Morgenritt auf schönem, stolzem Pferde: sein schneller Huf zertritt die Blüten auf der Erde. Die schwanke Gerte streift an eines Wagens Türe, ein schmales Händchen greift des Vorhangs Perlenschnüre. Ein Köpchen neigt sich schnell, zwei dunkle Augen winken zum Hügel hin, wo hell des Hauses Stufen blinken.
LI TAI PO
Mein Freund an einem Sonntagmorgen tät sich ein hübsches Rößlein borgen. Mit frischem Hemd und frischem Mute, in blanken Stiefeln, blankem Hute, die Haltung stramm und stramm die Hose, am Busen eine junge Rose wie ein Adonis anzusehen. Die Reiter machen viel Vergnügen, wenn sie ihr stolzes Roß besteigen. Nun kommt da unter sanftem Knarren ein milchbeladener Eselskarren. Das Rößlein, welches sehr erschrocken, fängt an zu trappeln und zu bocken. Und, hopp, das war ein Satz, ein weiter! Dort rennt das Roß, hier liegt der Reiter, entfernt von seinem hohen Sitze, die Reitermachen viel Vergnügen, besonders, wenn sie drunten liegen.
WILHELM BUSCH
Ein angesehener Psychologe hat den Satz niedergeschrieben: "... denn das Tier kennt kein Lachen und kein Lächeln." Das ermutigte mich zu erzählen, daß ich einmal ein Pferd lachen gesehen habe. Ich dachte bisher, das könne man alle Tage behaupten, und getraute mich nicht, Aufhebens davon zu machen; aber wenn es etwas so Kostbares ist, will ich gern ausführlich sein. Also es war vor dem Krieg; es könnte ja sein, daß seither die Pferde nicht mehr lachen. Das Pferd war an einem Schilfzaun angebunden, der einen kleinen Hof umgrenzte. Die Sonne schien. Der Himmel war dunkelbalu. Die Luft äußerst milde, obwohl man Februar schrieb. Und im Gegen- satz zu diesem göttlichen Komfort fehlte aller menschliche: Mit einem Wort, ich befand mich bei Rom, auf einem Landweg vor den Toren, an der Grenze zwischen den bescheidenen Ausläufern der Stadt und der beginnenden bäuerlichen Campagna. Auch das Pferd war ein Campagnapferd: jung und zierlich, von dem wohlgeformten kleinen Schlag, der nichts Ponyartiges hat, auf dem ein großer Reiter aber aussieht wie ein Erwachsener auf einem Puppenstühlchen. Es wurde von einem lustigen Burschen gestriegelt, die Sonne schien ihm aufs Fell, und in den Achseln war es kitzlig. Nun hat ein Pferd sozusagen vier Achseln und ist darum vielleicht doppelt so kitzlig wie der Mensch. Außerdem schien aber dieses Pferd auch noch je eine besondes empfindliche Stelle an der Innenseite der Schenkel zu haben, und jedesmal wenn es dort berührt wurde, konnte es sich vor Lachen nicht halten. Schon wenn sich der Striegel von weitem näherte, legte es die Ohren zurück, wurde unruhig, wollte mit dem Maul hinfahren und entblößte, wenn es das nicht konnte, die Zähne. Der Striegel aber marschierte lustig weiter, Strich vor Strich, und die Lippen gaben nun immer mehr das Gebiß frei, indes sich die Ohren immer weiter zurücklegten und das Pferdchen von einem Bein auf das andere trat. Und plötzlich begann es zu lachen. Es fletschte die Zähne. Es suchte mit der Schnauze den Burschen, der es kitzelte, so heftig es konnte, wegzustoßen; in der gleichen Weise, wie das eine Bauernmagd mit dem Hund tut, und ohne daß es nach ihm gebissen hätte. Es trachtete auch, sich zu drehen und ihn mit dem ganzen Körper fortzudrängen. Aber der Knecht blieb im Vorteil. Un wenn er mit dem Striegel in der Nähe der Achsel angelangte, hielt es das Pferd in keiner Weise mehr aus; es wand sich auf den Beinen, schauderte am ganzen Leib und zog das Fleisch von den Zähnen zurück, so weit es nur konnte. Es benahm sich dann sekundenlang genauso wie ein Mensch, den man dermaßen kitzelt, daß er nicht mehr lachen kann. Der gelehrte Zweifler wird einwenden, daß es dann eben doch nicht hat lachen können. Darauf ist ihm zu antworten, daß dies insofern richtig sei, als der von beiden, der jedesmal vor Lachen wieherte, der Stallbursche war. Das scheint in der Tat nur ein menschliches Vermögen zu sein, vor Lachen wiehern zu können. Aber trotzdem spielten die beiden sichtlich in Übereinstimmung, und sobald sie wieder von vorn begannen, konnte gar kein Zweifel daran bestehen, daß auch das Pferd lachen wollte und schon auf das wartete, was kommen werde. So schränkt sich der gelehrte Zweifel an der Fähigkeit des Tieres darauf ein, daß es nicht über Witze zu lachen vermag. Das aber ist dem Pferd nicht immer zu verübeln.
ROBERT MUSLI
Bildnachweis
Die Bilder von Marian Gadzalski wurden
ergänzt durch Aufnahmen von
Hanns-Jörg Anders, Hamburg: 8/9
René Burri, Zürich: 40/41
Gunnar Cornelius, Stockholm: 104
Ursula Guttmann, Herbertsfelden-BRD: 12
Gerhard Kapitzke, Isernhagen-BRD: Einband
48 49 52 53 54 55 56 92 93 103 105 108/109 119 120 121
Barbara Klemm, Frankfurt: 24/25
Hans R. Schläpfer, Reußbühl-CH: 126/127
Das Pferd – Freund und Gefährte
Ein literarisches Bilderbuch
© 1980 by Verlag C. J. Bucher GmbH, München und Luzern
ISBN 3 7658 03227
Gestaltung: Hans F. Kammermann
Redaktion: Robert Schnieper
Kontakt und Anfahrt
Tierarztpraxis Anke Unzeitig
Schloßstraße 56
35753 Greifenstein-Beilstein
Tel.: +49 (0) 2779 / 1692
Handy: 0171 / 1275684
E-mail: anke.unzeitig@t-online.de
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